Französisch: Germaine Vietzke

"Gleich ham wir Französisch!" - Die Klasse erzittert,
'Schermähnchen' ist nämlich so plötzlich erbittert!
So kennt man sie gar nicht: Am Anfang der Stunde
erwählt sie ein Opfer aus unserer Runde
zum Interpretieren der sartre'schen Fliegen.
"Ach, möge sie bloß nicht ins Blickfeld mich kriegen!“
Man öffnet das Fenster, man bindet die Schuhe,
man betet zum Himmel: "Ach lass mich in Ruhe!“
Man putzt sich die Nase, man niest und man hustet,
man knöpft an der Jacke, man schnieft und man prustet -
und das alles nur, um beschäftigt zu scheinen.
Ach ja, es ist wahr, es ist wirklich zum Weinen: 

 

Als weit noch das Abi, wie schön war das Leben!
Stets war sie zufrieden, kein Mensch braucht' zu streben.
Mit Stottern ham wir den Tartuffe übertragen -
" 's war schön" sagt sie dennoch, nie platzt ihr der Kragen.
Den Alexandriner mit seinen zwölf Silben,
Pascal und den Mensch zwischen Sternen und Milben
die liebte sie sehr, und mit eifrigem Schwärmen
versuchte sie, uns für "Grand Meaulnes" zu erwärmen.
Doch nie war sie böse, wenn wir nicht viel taten.
Wie anders ist's heute, wo Fleiß ist zu raten!

 

Die Schusseligkeit aber stets wird ihr bleiben,
total war vergessen, was muss man bloß schreiben
aufs Deckblatt der schriftlichen Prüfungsarbeiten?
Das ähnelt den früheren Schusseligkeiten:
Die Leberwurst wurd in der Tasche gefunden!
War etwa die Brille im Kühlschrank verschwunden?
Und alles in allem, wir konnten nie klagen,
man könnte gewiss viel mehr Gutes noch sagen!